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AL Kennedy (Hg.): Cool Britannia – Junge Literatur aus Großbritannien

A. L. Kennedy ist eine der bekanntesten britischen Gegenwartsautoren; ihr lakonischer, schonungslos realistischer Erzählstil ist für viele junge Autorinnen und Autoren zum Vorbild geworden. Nun veröffentlicht sie eine Sammlung ihrer „Lieblingskurzgeschichten“, allesamt von Schriftstellern, die noch nicht ins literarische Establishment aufgestiegen sind. Für Kennedy sind es „Momentaufnahmen des britischen Unterbewusstseins“. Einer der Beiträge ist in Großbritannien noch gar nicht veröffentlicht, ein Symptom dafür, wie schwierig es ist, heute mit Kurzgeschichten Aufmerksamkeit zu finden.
„Cool Britannia“? Indeed! Durch das Buch weht Kühle, nicht die Kühle ironischer Abgeklärtheit, sondern Gefühlskälte. Folgt man der Darstellung der zwölf Autoren, ist das Leben auf der Insel eine ziemlich neurotische Angelegenheit. Teilweise spielt es sich sogar am Rande der Psychose ab – oder ist es der Alltag, der verrückt geworden ist? Die Geschichten handeln von Gedächnisverlust, von Untreue und Verrat, für sprachlose Beziehungen zwischen Liebenden, zwischen Eltern und ihren Kindern. Im weiteren Sinne soziale Themen fehlen fast völlig; Symptom für die Privatisierung, die den jungen Literaten selbstverständlich geworden ist. Vom Aufbruch in den 80er Jahren, als mit den alten Milieus auch der traditionelle Familiealltag unter Druck geriet, ist nichts oder nur ein versteckter Hinweis übriggeblieben. Fast entschuldigend weist Kennedy in ihrer Einleitung daraufhin, dass aus diesen Geschichten trotzdem kein Zynismus spricht: "Die Menschlichkeit dieser Schriftsteller und Schriftstellerinnen erfüllt ihre klarsichtigen Beobachtungen mit Leidenschaft, Empörung, Verwirrung, Schönheit und düsterem Humor."

A. L. Kennedy (Hg.): Cool Britannia - Junge Literatur aus Großbritannien. Berlin 2006: Verlag Klaus Wagenbach.

 

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