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Beverly Silver, Forces of Labor

Geht es um Globalisierung, weiß jeder Bescheid: für die einen ein weltweites Wettrennen um die niedrigsten Löhne und Steuerforderungen, dem die Nationalstaaten nur noch ohnmächtig zusehen können, für die anderen nichts als ein ideologischer Kampfbegriff. Beverly Silvers Forces of Labor liegt quer zu allen ungeprüften, aber eifrig wiederholten Klischees. Die materialreiche und gänzlich ideologiefreie Untersuchung wertet die weltweit umfassendste Datensammlung über Arbeiterkämpfe aus, die Silver und ihre Mitarbeiter in einem Forschungsprojekt gesammelt haben. Eines der Ergebnisse: von einem Abflauen der Arbeiterkämpfe kann nur in Europa und den USA, keineswegs weltweit die Rede sein.
Die amerikanische Soziologin orientiert sich an verschiedenen Ansätze, vor allem an solchen der Weltsystemtheorie Immanuel Wallersteins. Wie er betont sie, dass die Dynamik des kapitalistischen Entwicklung nur als weltweite zu begreifen ist. Von Karl Polanyi entlehnt sie das Konzept der "fiktiven Waren". Menschen als bloße Arbeitskraft zu behandeln, produziert eine Legitimationskrise. Wird der Warencharakter der Arbeit aber eingeschränkt, kommt es zu Profitabilitätskrisen. Weil die Verwertung niemals störungsfrei, sondern immer prekär bleibt, reagieren die Kapitalstrategen mit verschiedenen Lösungsversuchen, um dem Pendeln zwischen diesen beiden Krisentypen zu entkommen. Eine dieser Strategien ist die Produktionsverlagerung, die allerdings das Problem allerdings nur kurzfristig lösen kann. Denn: "An jedem Niedriglohnstandort entstand eine starke Arbeiterbewegung."
Silver gelingt es, das Thema Klassenkampf und Globalisierung klar darzustellen, ohne allzusehr zu vereinfachen. Die Arbeiterinnen und Arbeiter der Welt sind für sie weder bloße Opfer, noch heroische Widersacher der Globalisierung. Die Chancen auf einen neuen proletarischen Internationalismus beurteilt sie skeptisch; dieser sei möglich, aber nicht unbedingt wahrscheinlich. Detailliert diskutiert sie die strukturelle Macht der Arbeiter in neuen Kernsektoren wie der Halbleiterindustrie, ebenso den Zusammenhang von Krieg, Imperialismus und Arbeiterbewegung. In Großbritannien und den USA hat das Buch ein großes Echo gefunden. Vielleicht regt Forces of Labour ja auch in Deutschland dazu an, von der Ansichtssache zum Untersuchungsgegenstand überzugehen, wenn von der Arbeiterklasse die Rede ist.

Beverly J. Silver (2003) Forces of Labor: Workers' Movements and Globalization since 1879. CUP.

 

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